Seit geraumer Zeit hatte ich es geplant, einen gut
befreundeten Pastor und seine Gemeinde zu besuchen. Aber immer wieder kam
irgendwas dazwischen. Ich war krank, etwas anderes war geplant, er hatte keine
Zeit.
Am letzten Sonntag war es dann aber so weit. Ich war auf
meinem Weg nach TPC.
TPC ist ein Ort, südlich von Moshi. Der Ort ist umgeben von
den riesigen Zuckerrohrfeldern und in seiner Mitte liegt die Zuckerfabrik von
TPC, gleichzeitig Namensgeber des Ortes. In TPC leben ca. 8000 Menschen, die
eigentlich alle in irgendeiner Weise für oder mit der Zuckerfabrik arbeiten.
Jedenfalls habe ich es endlich geschafft und bin also auf
dem Weg nach TPC. Verabredet war ich gegen 9 Uhr. Gegen acht Uhr saß ich also
im Dalla und habe nochmal kurz eine SMS an jenen Pastor geschrieben, dass ich
auf dem Weg bin und dieses Mal wirklich komme. Das Dalla fährt auf einer sehr guten
Straße in Richtung Süden, die Zuckerrohrfelder sind grün, das Zuckerrohr zwei
Meter hoch, ab und zu wird die Straße von Schienen begleitet, ab und zu von
Bewässerungsgräben. Vor Kreuzungen, von denen Sandpisten abgehen, gibt es wie
häufig in Tansania „Huckel“ damit langsamer gefahren wird.
Die Haltestellen in TPC haben die kreativsten Namen. Die
Erste heißt die „Erste“, die zweite – vielleicht kann man sich es denken. An
der „Zweiten“ steige ich also aus. Hinter mir erheben sich die Silos und Türme
der Zuckerfabrik. Ich stehe inmitten der Schienen der einzigen funktionsfähigen
Eisenbahn im Norden Tansanias, die zum Transport des Zuckerrohrs genutzt wird.
Kurzer Check, was sagt die Uhr? Viertel nach neun, überpünktlich! Aber eine SMS
gibt es auch noch. Mein Freund ist nicht da. Er ist in Moshi und wartet da auf
mich. Dass das mal wieder nicht klappt, war aber auch klar. Er kommt aber nach
TPC, muss aber vorher noch etwas in Moshi machen. Ich solle doch bei bzw. in
der Kirche warten.
Ich mache mich also auf die Suche nach der Kirche und werde
auch fündig. Es läuft der Morgengottesdienst, der gegen 7 Uhr anfing, aber ich
setze mich erst mal in das Gemeindehaus und warte. Immer wieder kommen Leute
vorbei, um mich kurz zu begrüßen. Ein Europäer, der alleine nach TPC kommt,
gibt es auch nicht häufig.
Als der Gottesdienst zu Ende war, wurde ich allen
vorgestellt und habe Chai und einen kleinen Snack bekommen. Dann ging es um
kurz nach zehn in die Kirche zum Gottesdienst. Zu Gast eine Jugendgruppe aus
einer anderen Gemeinde in Moshi.
Netter Gottesdienst, nette Stimmung, sehr viel familiärer
als der Gottesdienst in der großen Kirche in Moshi, in dem ich sonst ab und zu
mal zu Gast bin. Vorstellen musste ich mich als Gast natürlich auch und es war
einer der schönsten Momente des Tages, als ich das freudig überraschte, mich
willkommen heißende Lächeln auf jedem Gesicht gesehen habe, als ich mich auf
Kiswahili vorgestellt habe und kurz erklärt habe, wo ich herkomme.
Einziges Manko des Gottesdienstes, mal wieder ein
Theaterstück, bei dem ich akustisch nichts verstanden habe, das
schauspielerisch sehr schlecht war und in dem sich leider offensichtlich über
Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen lustig gemacht wurde. Es
wurde auch als lustig empfunden, aber ich konnte mit dem Hintergrund meiner
Arbeit hier in Tansania nicht lachen. Ich finde so etwas sehr schade, aber das
Bewusstsein für Menschen mit Beeinträchtigungen ist leider noch nicht so stark
gereift.
Nach dem Gottesdienst, der sonst von sehr schönen Liedern
der Jugend und Kirchenchöre begleitet wurde, war mein Freund dann auch aus
Moshi zurück. Er musste seine Frau ins Krankenhaus bringen, sie hatte Malaria,
und sein Sohn hatte sich beim Radfahren verletzt.
Aber allen ging es wieder gut. Da er im Juni nach
Deutschland fährt, haben wir eine ganze Menge an netten Diskussionen geführt,
über kulturelle Unterschiede, seinen Besuchsplan in Deutschland und vieles
mehr. Nach dem Mittagessen ging es mit dem Auto und der ganzen Familie auf eine
kleine Ortsrundfahrt.
In TPC gibt es vier verschiedene Arten von Häusern.
Außerhalb des eigentlichen Ortes gibt es die Häuser der Besitzer der Fabrik.
Eingezäunt, einzelne, sehr schöne Häuser, große Autos vor den Türen. Eine Pferdekoppel
und eine riesige, gut gepflegte Gartenanlage. Dann gibt es das genaue
Gegenteil. Kleine Häuser, gelb gestrichen, gleich groß, gleich gebaut. Hier
leben die einfachen Arbeiter der Fabrik in einem Zimmer mit der ganzen Familie.
Die Häuser sehen von außen nicht schlecht aus, aber das Leben ist sehr, sehr
einfach. Dann gibt es die Häuser der Vorsteher, Vorarbeiter oder so etwas. In diesen
lebt man zwar immer noch einfach, aber ein Haus gehört einer Familie, man muss
sich das Haus nicht Teilen, sogar kleine Farmen können angeschlossen werden.
Und dann gibt es neben einem Golfplatz, das Dorf der tansanischen Ingenieure und
hohen Angestellten der Zuckerfabrik. Ebenfalls eingezäunt, mit Wachmännern. In
diesem Komplex waren wir bei einem Freund zu Gast. Luxuriöses Haus, topmodern.
Am Abend fuhr dieser Freund noch nach Moshi und konnte mich freundlicherweise
Mitnehmen.
Nach diesem Besuch in dem „reichen“ Viertel, ging es nochmal
zurück zum Haus meines Freundes, ein paar Fotos mit und von der Familie machen.
Dann war meine Zeit in TPC auch schon vorbei und der große Jeep des Freundes
stand vor der Tür.
Einsteigen in den Luxus. Fernseher, Klimaanlage im Auto,
bequeme Sitze. So ging es mit dem Auto und der ganzen Familie in Richtung
Moshi. Angeschnallt war keiner, die Kinder turnten ein wenig auf den sitzen
herum und ich habe mich mit dem Fahrer und seine Frau unterhalten. Dabei ist es
dann passiert. Die eingangs erwähnten „Huckel“, hier „Bumps“ genannt, sollen
die Geschwindigkeit drosseln, aber was passiert, wenn man zu schnell fährt,
habe ich am Sonntag erlebt.
Plötzlich rumste es und der Wagen ging vorne links hoch. Keine
Sekunde später standen wir. Das Auto vorne links abgesackt. Aber zum Glück
keiner verletzt! Nichts ist passiert. Vorne links war die Achse gebrochen (bei
einem Geländewagen mit Allradantrieb und guter Federung) und der Wagen steht
mitten auf der Straße irgendwo im Nirgendwo. Mein erster und hoffentlich letzter
Unfall in Tansania. Das erstaunliche war nur, dass es in so einem Auto passiert
ist und nicht in einem von den ganzen klapprigen Dallas, die hier sonst so
herumfahren. Aber es ist nichts passiert, wir sind alle mit dem Schrecken davon
gekommen.
Das Auto ist übrigens schon wieder repariert! Ich habe von
einem der vielen anhaltenden Helfern einen „Lifti“ nach Moshi bekommen. Und
habe es so noch zu einem Abendessen von der Arbeit aus geschafft.
Gegen neun Uhr war dieser schöne und ereignisreiche Tag dann
zu Ende.
Den befreundeten Pastor werde ich dann hier in Deutschland
wiedersehen, ein sehr schöner Zufall.
Kwa heri
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