Dieses Wochenende stand für mich mal wieder ganz im
Zeichen von tansanischer Tradition und Kultur. Anders als in Deutschland steht
der Advent hier nicht für Besinnlichkeit, wie ich Freitag ja schon schrieb,
dafür wird in Tansania im Dezember Konfirmiert was das Zeug hält, doch dazu
später mehr.
Erstmal zum Samstag und zu meiner ersten tansanischen
Hochzeit. Freitag war ich dem Bräutigam James, seines Zeichens unteranderem
Fahrer meines Gastvaters in die Arme gelaufen. Er hat mich herzlich zu seiner
Hochzeit am nächsten Tag eingeladen. Diese persönliche Einladung war mir
relativ wichtig, da ich schon wusste, dass das ganze Büro eingeladen ist, ich
es aber nicht so gerne mag überall nur mitgenommen zu werden (manchmal ist das
aber auch nicht schlecht)
Also war Samstag und ich habe mich ein bisschen ausgeruht
und gelesen. Laut meinen Arbeitskollegen war ich für ca. fünf Uhr im
Uhuru-Hotel eingeladen. Also habe ich mich gegen ca. vier Uhr in Schale
geworfen (Hemd und Anzug) und bin dann zu Fuß los zur Straße. Die Schuhe hatte
ich nur oberflächlich geputzt, anlässlich der staubigen Sandstraße. Auf dem Weg
begann das „gesehen werden“. Ich gehe die Strecke ja täglich, aber normalerweise
trage ich Jeans und T-Shirt, manchmal ein Hemd, aber eigentlich nie einen
Anzug. Für die Tansanier, war das neu an mir und ich wurde mit großen Augen
angesehen. Dazu muss gesagt werden, dass es hier gerne gesehen wird, sich fein
zu kleiden. So habe ich die in meiner ersten Woche getragenen Wanderstiefel
schnell gegen bequemere Sportschuhe getauscht, aber seit geraumer Zeit trage
ich jetzt zur Arbeit und anderen offiziellen Terminen meine feinen, schwarzen (Konzert)Schuhe
ich fühle mich dadurch nicht mehr ganz so fremd hier. Aber genug zur Kleidung,
eine Hochzeit stand an.
Ich war also gegen fünf in besagtem Hotel angekommen und
wartete etwas verloren vor der Tür des Festsaals. Mir bekannte Gesichter so ich
erstmal sah ich kurz darauf. Eine Gruppe junger Männer, teilweise auch irgendwo
im Office arbeitend, die alle schwarzen Anzug, weißes Hemd und eine türkisblaue Krawatte trugen. Wie sich
später herausstellte allesmt Mitglieder des Organisationsteams, hier Komitee
genannt. Viele „normale“ Gäste waren noch nicht da. Das Brautpaar war auf dem
Erg von der Kirche zum Hotel, fuhr noch im Autokorso durch Moshi.
Also hatte ich noch ein bisschen Zeit und konnte schon mal
einen Blick in den weiß und festlich geschmückten Festsaal werfen (siehe Foto).
Wurde der Geräuschpegel lauter. Bei Hochzeiten und der
Gleichen fährt immer ein Autokorso durch Moshi. Der erste Wagen ist meistens ein
Pickup und auf der Ladefläche spielt eine kleine Brass-Band (Trompeten,
Posaunen, Pauken...) schöne muss es nicht sein, die Hauptsache: es ist laut.
Aber der erste Wagentross gehörte zu einer anderen Hochzeit und fuhr am Hotel
vorbei. Kurz darauf kam dann die Richtige Kolonne. Auto Nummer zwei war eine
silberne Mercedes-Limousine, in der das Brautpaar saß. Es folgten weitere Wagen
in denen die Trauzeugen, Kirchenprominenz und weitere Hochzeitsgäste saßen.
Alle außer dem Brautpaar stiegen aus und die Frauen begannen zur
Blaskapellenmusik um die Limousine herumzutanzen.
Dann gingen wir Gäste in den Festsaal und nahmen Platz.
Ich saß neben dem Pastor aus TPC, ein netter freundlicher Zeitgenosse, den ich
schon mehrmals getroffen habe und daher auch ganz gut kenne. Die anderen Gäste
waren größtenteils andere Kollegen (Braut und Bräutigam arbeiten hier im
Lutheran Center) und Freunde. Dann zog die erste große Gruppe tanzend ei, die
Familie des Bräutigams und dann die zweite Gruppe die Familie der Braut, alles
geschah tanzend zur Musik aus den viel zu lauten Lautsprechern. Aber zur Musik
werde ich nochmal kommen. Dann zog tanzend das Komitee ein. Alles wurde
angekündigt von einem MC (Moderator), der durch das Abendprogramm führte. Dann
kam der Auftritt vom James (Jamesi gerufen, da hier fast an alles irgendwie ein
i angehängt wird) er ging ebenfalls tanzend zusammen mit seinem best(i) man,
seinem Trauzeugen, beide in schicke graue Anzüge gekleidet den Gang entlang zur
Bühne. Danach zog die Braut, in einem weißen Kleid ebenfalls tanzend in den
Festsaal ein, neben ihr ihre Trauzeugin. Vorne stellte sie sich dann neben
ihren Bräutigam.
Nach einem Gebet (vermählt waren beide ja schon) wurde
der Champagner gebracht. Ich war ehrlich gesagt sehr überrascht, denn
eigentlich wird auf kirchlichen Veranstaltungen kein Alkohol ausgeschenkt vor
allem nicht wenn der Bischof und die hohe Kirchenprominenz anwesend ist. Als
diese dann auch höflich ablehnten und sich keinen Sekt ins Glas gießen ließen,
dachte ich es gäbe wirklich Alkohol, obwohl wir in einem Hotel feierten, dass
sowieso keinen Alkohol ausschenkte. Aber dann musste ich feststellen, dass es
sich ausnahmslos um sprudelnden Traubensaft handelte.
Dann wurde ein Tost ausgesprochen und es ging im
Mittelgang tanzend nach vorne um mit fast jedem Gast anzustoßen. Dabei war ich
aber bald die Attraktion für die Kinder, die sich einen Spaß daraus machten mit
dem Mzungu möglichst oft anzustoßen, um sich dann jedes Mal kichernd umzudrehen.
Ich hab das erst gegen Ende gemerkt, denn ich musste mich anstrengen den Tanz
nach vorne mitzutanzen. Danach kam die Kuchenzeremonie, bei der sich das
Brautpaar gegenseitig mit Kuchen füttert und anschließend Eltern und Verwandte
gefüttert werden. Danach gab es eine weitere Zeremonie, die in Ablauf und
Handlung der Kuchenzeremonie glich. In die Halle wurde ein „African Cake“
gefahren. Dabei handelt es sich um eine ganze Ziege, über offenem Feuer
gebraten.
Dann wurden die Gäste ganz grob von Braut und Bräutigam
vorgestellt, wobei die Braut in der Aufregung vergaß ihren Ehemann und ihre
Trauzeugin vorzustellen. Dann gab es noch zwei kurze Reden von den Eltern des
Brautpaares und danach gab es Essen (Reis, Pilau – Reis mit Fleisch, Chapati – Teigfladen
- ähnlich Pfannkuchen, Hähnchen, ndizi – Kochbananen mit Fleisch, Ziegenfleisch,
Chipsi – frittierte Kartoffel – ich bezeichne es mit Absicht nicht als Pommes,
Spinat, Kuchen und Wassermelone und Gurken-Tomaten-Salat). Nach dem Essen war
es Zeit für die Geschenke an das Brautpaar. Wieder tanzend ging es nach vorne
und es wurden Glückwünsche überreicht und anschließend noch ein Foto gemacht. Dann
ging es wieder zurück zum Sitzplatz.
Richtig große Geschenke wie ein ganzes Bett oder so gab
es bei dieser Feier nicht. Dafür aber eine Matratze, einen Gasherd samt
Gasflasche, einen Couchtisch. Später erfuhr ich noch, dass größere Geschenke
schon vorher gemacht werden. Anschließend war die Hochzeitsfeier beendet.
Für mich ging es aber noch nicht nach Hause sondern mit deutschen
Gästen der Shoos noch in ein Italienisches Restaurant zum Abschiedsessen.
Nachts ging der Flieger zurück. Zuvor waren sie zusammen mit meinen
Gastschwestern auf Sansibar gewesen und hatten dort Urlaub gemacht. Claru (Namenskombination
aus Clara und Ruth) hatten sich dort eine Art Hanna-Tattoo machen lassen.
Fredrick und Janet waren darüber aber nicht erfreut, so etwas ginge hier nicht,
vor allem nicht als Kind eines Pastors, sie dürften so nicht zur Kirche gehen.
Wobei ich wieder bei meiner Überschrift „sehen und gesehen werden“ angekommen wäre.
Das war nämlich das Programm des Sonntags. Morgens war
geschäftiges Treiben in der Bude, Kuchen für verschiedenste Konfirmationen
mussten verziert werden. Zum Konfirmationsgottesdienst schafften wir es daher
nicht, schade, aber dafür mussten wir uns noch auf einer Konfirmationsfeier eines
Freundes blicken lassen. Freund heißt in diesem Fall Freund der Eltern, dessen
Sohn konfirmiert worden ist. Er hatte über 600 Gäste eingeladen und ich hatte
das Gefühl, hier ging es nur darum gesehen zu werden. Wir waren natürlich viel
zu spät, aber noch gerade rechtzeitig, damit Claru den Kuchen anschneiden
konnten, den wir morgens noch verziert hatten.(Claru jeweils mit ihren Tattoos…)
Ich wartete derweil zusammen mit Liz, meiner ältesten Gastschwester, als wir
vom Gastgeber auf die Bühne gezogen wurden und uns da hinsetzen sollten.
Gesehen werden… uns beiden war das sehr unangenehm, denn diese Plätze waren
garantiert nicht für uns bestimmt gewesen. Sondern für die Eltern, die neben
ihren Kindern gesessen hatten. Die Konfirmierten mussten dann auch ihre Gäste
mit Kuchen und Ziege füttern. Liz und ich konnten uns glücklicherweise irgendwann
von der Bühne stehlen und uns in einem kleinen Innenhof zu den prominenten
Gästen setzten. Hier saßen die Alten und die besonderen. Ich hatte das Gefühl
bei dieser Sache ging es ganz viel ums gesehen werden und es sollte
demonstriert werden, dass der Gastgeber nicht wenig Geld besitzt. Ich finde es
allerdings nicht so leicht verständlich und dieser Teil wird jetzt nicht mehr
zu verstehen sein, aber es werden hier gerade mehrere hunderte Kinder am
Sonntag konfirmiert, teilweise über achtzig pro Kirche für viele Pastoren
stehen im Anschluss noch Hausbesuche bei den Familien an, wieso haben es aber
trotzdem so viele auch aus Moshi ins entfernte Boma geschafft? Ich glaube die
Antwort steckt in der Überschrift. Dieses Thema scheint hier sehr wichtig zu
sein. Dies ist aber wieder nur eine Momentaufnahme.
Ach ja, ich wollte ja noch etwas zur Musik auf der
Hochzeit schreiben. Musikalisch war die hochzeit das vorweihnachtlichste, was
ich hier in Moshi bis jetzt erlebt habe. Jeder zweite Song war irgendeine
Pop-Version eines Weihnachtsliedes, wahlweise in Swahili oder Englisch.
Jetzt folgen noch zwei weitere Fotos von der Hochzeit,
Qualität bitte ich zu entschuldigen, Handykamera…
Kwa heri
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