Samstag, 5. Oktober 2013

Wo bin ich?


Viele Grüße aus Tansania!

Da das Internet hier nicht so schnell ist, bzw. ich nur welches habe, wenn ich in der Stadt bin, kommt dieser Post hier nen bissechen verspätet.
Seit ca. zwei Wochen bin ich jetzt in Moshi. So richtig angekommen bin ich aber noch nicht. Das hat mehrere Gründe. Der wichtigste ist natürlich, dass ich jetzt an einer komplett neuen Stelle bin und mich auch hier erstmal einfinden muss und dass es eine ganze Reihe von Überraschungen gab. Aber fange ich am Anfang an.

Am Montagmorgen sind Justus und ich – Johanna war noch am Sonntag mit ihren Mitvolontären nach Faraja aufgebrochen – von Dr. Shoo, dem stellvertretendem Bischof, und Kaaya, dem Chef vom BCC, im Umoja Hostel abgeholt worden. Überraschung eins und zwei standen auf dem Programm. Dr. Shoo spricht fließend Deutsch und ich werde vorrübergehend bei ihm wohnen, da kurzfristig eine Familie abgesprungen ist. Da ich ja noch nicht wusste wo es hin geht, war das nicht so schlimm. Aber meinen Koffer komplett auspacken kann ich immer noch nicht – egal. Dr. Shoo musste dann aber auch schon wieder Weg und wir sind mit Kaaya zum BCC-Office. Dort wurde Justus dann von einer Person aus seinem Projekt abgeholt.
Im Office, folgt Überraschung Nummer drei: ich bin nicht der einzige Weiße, der im BCC-Office arbeiten wird. Im Büro waren sogar gleich drei Weiße, die zusammen mit den anderen Mitarbeitern auf mich und Kaaya gewartet haben. Von diesen Dreien ist eine aus Schweden und hatte schon ein Jahr im BCC gearbeitet, die anderen beiden kommen aus den USA. Aber nur Meghan wird mit mir hier arbeiten, die andere (Brab) hat das Projekt mit aufgebaut und ist nur zu Besuch.
Die vierte Überraschung: Es ging gleich mit der Arbeit los. Ok, es war nur das Montagstreffen, auf dessen Inhalt ich später noch eingehen werde. Danach wurde ich von Kaaya zum Haus von Dr. Shoo gebracht. Was nun folgt, kann sich jeder schon denken, oder?
Überraschung Nummero fünf: Es handelt sich nicht um ein Haus, sondern mehr um ein riesiges Haus, ein Anwesen um genauer zu sein. Vielleicht trifft es auch das Wort Bauernhof ganz gut, aber Villa ist sicher auch nicht schlecht. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. Ich wurde von mehreren Angestellten in Empfang genommen und dann erstmal in mein Zimmer gebracht worden (das es größer ist als mein Zimmer in Braunschweig war Überraschung fünfeinhalb). Dann war ich erstmal allein. Es ist ein total komisches Gefühl alleine in einem Haus zu sein, dessen Besitzer man nicht kennt. Dann bin ich nach draußen, wo ich von Mudi (Modi, ich weiß nicht wie man den Namen schreibt), einem Angestellten, der vor allem für die Tiere zuständig ist, stolz über das Gelände geführt wurde. Mit Zeichensprache und einzelnen Wörtern Swahili zeigte er mir die Kühe, die Ziegen, die Hühner, die Truthähne und die Hunde, sowie die Bananenplantage hinterm Haus.
Ich fühlte mich danach ein bisschen verloren. Was soll ich in diesem großen Haus machen? Was darf ich? Welche Regeln gibt es, auch kulturell gesehen? Ich habe mich völlig fehl am Platz gefühlt vor allem, wenn ich aus dem Haus raus bin und dann nur guckend rumstehen konnte, während alle anderen um mich herum arbeiteten.
Abends kam dann ein bisschen Leben ins Haus, als Dr. Shoo von der Arbeit nach Hause kam. Kurz darauf kamen dann auch seine Tochter Debbie und seine Frau Janet. Und es kam Überraschung Nummer sechs: auch sie sprechen fließend Deutsch (Familie Shoo hat ca. sechs Jahre lang in Deutschland gelebt).
Ich hoffe, ich konnte meine Verwirrung am ersten Tag ganz gut darstellen. Inzwischen hat sich einiges beruhigt und ich habe mich ein bisschen eingewöhnt. Familie Shoo ist sehr nett, hilfsbereit und aufgeschlossen. Die folgenden Tage werde ich aber nicht so ausführlich beschreiben.

Jeden Tag werde ich zwischen fünf und sechs vom Krähen der Hähne geweckt. Gut – ich drehe mich dann nochmal um, aber um halb sieben stehe ich auf. Zum Frühstück gibt es in der Regel eine Art Graubrot und Früchte. Ich kann zwischen Orange, Mango, Papaya und Avocado wählen, wobei ich ein Fan von Avocado auf Brot geworden bin. Danach geht es mit Dr. Shoo in die Stadt zum Office. Aber bevor die Arbeit losgeht, gibt es ein „Morning Prayer“. In meinem ersten am Dienstag, war natürlich gleich eine deutsche Reisegruppe zu Gast. (Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Reisegruppen nicht so gerne mag?) Jeder musste sich einzeln vorstellen und hat dann noch gesagt, warum er oder sie hier in Tansania ist, was ihm/ihr so gefällt und so weiter. Das war noch ok. Aber schrecklich war der sicher gut gemeinte Versuch das sehr schöne Lied „Möge die Straße…“ zu singen. Für mich als Chorsänger war das die reinste Katastrophe und ich wäre vor Scham fast im Erdboden versunken. (Schiefer ging es nicht) Bei den Tansaniern kam es aber gut an (vor allem die Strophe auf Swahili). Ich musste mich dann auch vorstellen, wie alle, die neu im Head Office der Diözese sind. 
Nach der Morgenandacht beginnt dann meine Arbeit im BCC-Office. Gegen zehn gibt es Chai, gegen eins Lunch. Gegen vier Uhr nachmittags bin ich dann fertig und kann mich auf den Heimweg machen. Zurück fahre ich nicht mit mehr Dr. Shoo, das hatte ich den zweiten Tag versucht, aber aus fünf Uhr wurde dann sieben. Tansanische Gelassenheit… aber das war ganzschön strapazierend. Darum fahre ich jetzt immer mit dem Dalla Dalla nach Hause, da bin ich ein bisschen freier. Dalla Dalla fahren ist spannend. Ich glaube jeder kann sich ein Auto etwas kleiner als ein VW-Bus vorstellen, in dem ca. 25 - 30 Leute transportiert werden. Irgendwann gibt es dann mal auch Fotos… Sechs Meilen (Maili Sita) außerhalb von Moshi muss ich dann Aussteigen und dann noch ca. einen Kilometer zu Fuß gehen, bis ich dann am Tor der Shoos klingeln kann und Mudi mir öffnet.
Abendessen ist irgendwann zwischen sieben und neun. Was es so gibt, schreibe ich später. Aber es ist spannend und lecker.

So, jetzt mal zu meiner Arbeit. Ich bin, wie schon Oft gesagt im BCC, was das genau ist, ist (bald) oben zu  lesen. Jedenfalls bin ich momentan in der Orientierungsphase. Das heißt, ich gucke mir alles an und verschaffe mir somit erstmal einen Überblick. Da Meghan genauso lange hier ist wie ich, machen wir eine ganze Menge zusammen. 
Ich war beim Medical Screening, der jährlichen Untersuchung der Kinder dabei, habe verschiedene Center besuchen können und – das hat bis jetzt am meisten Spaß gemacht – konnte zusammen mit Rose, einer Mitarbeiterin, auf field-work gehen. Das bedeutet, wir sind durch ein Viertel gelaufen und haben die Familien besucht. Dabei war ich die Hauptattraktion für alle Kinder. „Mzungu“-Rufe (Weißer) waren von überall zu hören und die Kinder kamen angelaufen und versuchten mich zu berühren. Rose kam teilweise gar nicht mehr aus dem Lachen heraus.
Da viele der Day-Center direkt neben oder besser in den Kindergärten untergebrachte sind, um die Kinder sozial integrieren zu können, wurden wir auch bei den Besuchen dort von Kindern umringt. Stolz begrüßten uns die Kinder hier mit „good morning“ und „how are you?“. So etwas war richtig schön.
Montags ist immer ein Treffen des gesamten Büros, in dem die vergangene Woche besprochen und die kommende im Überblick kurz geplant wird. Alles nach dem Motto „Mtu ni Watu“, einem tansanischen Sprichwort, dass frei übersetzt „Mensch ist Menschen“ bedeutet. Ziel des Meetings ist es, dass alle über alles was im BCC vorgeht informiert sind. Was man aber eigentlich sowieso immer ist, zumindest wenn man gut Swahili verstehet, da wir nur einen Raum haben, den wir uns mit sieben bis acht Personen teilen (teilweise ist es eng).
Meine Aufgabe in der kommenden Zeit ist es, beim Aufbau eines Shops zu helfen, in dem Stoffe sowie Taschen, Sandalen und Schmuck verkauft werden, die in Handarbeit von den Kindern (nur von den älteren, die es auch können) und vor allem deren Familien hergestellt worden sind. Wenn jemand noch eine Idee hat, was man noch verkaufen könnte, immer her damit!

Das wars erstmal aus Moshi. Achja, mir geht es gut. Vielen Dank fürs Lesen.
Kwa heri

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