Mittwoch, 11. Juni 2014

Ein ereignisreicher Sonntag!

Seit geraumer Zeit hatte ich es geplant, einen gut befreundeten Pastor und seine Gemeinde zu besuchen. Aber immer wieder kam irgendwas dazwischen. Ich war krank, etwas anderes war geplant, er hatte keine Zeit.
Am letzten Sonntag war es dann aber so weit. Ich war auf meinem Weg nach TPC.
TPC ist ein Ort, südlich von Moshi. Der Ort ist umgeben von den riesigen Zuckerrohrfeldern und in seiner Mitte liegt die Zuckerfabrik von TPC, gleichzeitig Namensgeber des Ortes. In TPC leben ca. 8000 Menschen, die eigentlich alle in irgendeiner Weise für oder mit der Zuckerfabrik arbeiten.
Jedenfalls habe ich es endlich geschafft und bin also auf dem Weg nach TPC. Verabredet war ich gegen 9 Uhr. Gegen acht Uhr saß ich also im Dalla und habe nochmal kurz eine SMS an jenen Pastor geschrieben, dass ich auf dem Weg bin und dieses Mal wirklich komme. Das Dalla fährt auf einer sehr guten Straße in Richtung Süden, die Zuckerrohrfelder sind grün, das Zuckerrohr zwei Meter hoch, ab und zu wird die Straße von Schienen begleitet, ab und zu von Bewässerungsgräben. Vor Kreuzungen, von denen Sandpisten abgehen, gibt es wie häufig in Tansania „Huckel“ damit langsamer gefahren wird.
Die Haltestellen in TPC haben die kreativsten Namen. Die Erste heißt die „Erste“, die zweite – vielleicht kann man sich es denken. An der „Zweiten“ steige ich also aus. Hinter mir erheben sich die Silos und Türme der Zuckerfabrik. Ich stehe inmitten der Schienen der einzigen funktionsfähigen Eisenbahn im Norden Tansanias, die zum Transport des Zuckerrohrs genutzt wird. Kurzer Check, was sagt die Uhr? Viertel nach neun, überpünktlich! Aber eine SMS gibt es auch noch. Mein Freund ist nicht da. Er ist in Moshi und wartet da auf mich. Dass das mal wieder nicht klappt, war aber auch klar. Er kommt aber nach TPC, muss aber vorher noch etwas in Moshi machen. Ich solle doch bei bzw. in der Kirche warten.
Ich mache mich also auf die Suche nach der Kirche und werde auch fündig. Es läuft der Morgengottesdienst, der gegen 7 Uhr anfing, aber ich setze mich erst mal in das Gemeindehaus und warte. Immer wieder kommen Leute vorbei, um mich kurz zu begrüßen. Ein Europäer, der alleine nach TPC kommt, gibt es auch nicht häufig.
Als der Gottesdienst zu Ende war, wurde ich allen vorgestellt und habe Chai und einen kleinen Snack bekommen. Dann ging es um kurz nach zehn in die Kirche zum Gottesdienst. Zu Gast eine Jugendgruppe aus einer anderen Gemeinde in Moshi.
Netter Gottesdienst, nette Stimmung, sehr viel familiärer als der Gottesdienst in der großen Kirche in Moshi, in dem ich sonst ab und zu mal zu Gast bin. Vorstellen musste ich mich als Gast natürlich auch und es war einer der schönsten Momente des Tages, als ich das freudig überraschte, mich willkommen heißende Lächeln auf jedem Gesicht gesehen habe, als ich mich auf Kiswahili vorgestellt habe und kurz erklärt habe, wo ich herkomme.
Einziges Manko des Gottesdienstes, mal wieder ein Theaterstück, bei dem ich akustisch nichts verstanden habe, das schauspielerisch sehr schlecht war und in dem sich leider offensichtlich über Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen lustig gemacht wurde. Es wurde auch als lustig empfunden, aber ich konnte mit dem Hintergrund meiner Arbeit hier in Tansania nicht lachen. Ich finde so etwas sehr schade, aber das Bewusstsein für Menschen mit Beeinträchtigungen ist leider noch nicht so stark gereift.
Nach dem Gottesdienst, der sonst von sehr schönen Liedern der Jugend und Kirchenchöre begleitet wurde, war mein Freund dann auch aus Moshi zurück. Er musste seine Frau ins Krankenhaus bringen, sie hatte Malaria, und sein Sohn hatte sich beim Radfahren verletzt.
Aber allen ging es wieder gut. Da er im Juni nach Deutschland fährt, haben wir eine ganze Menge an netten Diskussionen geführt, über kulturelle Unterschiede, seinen Besuchsplan in Deutschland und vieles mehr. Nach dem Mittagessen ging es mit dem Auto und der ganzen Familie auf eine kleine Ortsrundfahrt.
In TPC gibt es vier verschiedene Arten von Häusern. Außerhalb des eigentlichen Ortes gibt es die Häuser der Besitzer der Fabrik. Eingezäunt, einzelne, sehr schöne Häuser, große Autos vor den Türen. Eine Pferdekoppel und eine riesige, gut gepflegte Gartenanlage. Dann gibt es das genaue Gegenteil. Kleine Häuser, gelb gestrichen, gleich groß, gleich gebaut. Hier leben die einfachen Arbeiter der Fabrik in einem Zimmer mit der ganzen Familie. Die Häuser sehen von außen nicht schlecht aus, aber das Leben ist sehr, sehr einfach. Dann gibt es die Häuser der Vorsteher, Vorarbeiter oder so etwas. In diesen lebt man zwar immer noch einfach, aber ein Haus gehört einer Familie, man muss sich das Haus nicht Teilen, sogar kleine Farmen können angeschlossen werden. Und dann gibt es neben einem Golfplatz, das Dorf der tansanischen Ingenieure und hohen Angestellten der Zuckerfabrik. Ebenfalls eingezäunt, mit Wachmännern. In diesem Komplex waren wir bei einem Freund zu Gast. Luxuriöses Haus, topmodern. Am Abend fuhr dieser Freund noch nach Moshi und konnte mich freundlicherweise Mitnehmen.
Nach diesem Besuch in dem „reichen“ Viertel, ging es nochmal zurück zum Haus meines Freundes, ein paar Fotos mit und von der Familie machen. Dann war meine Zeit in TPC auch schon vorbei und der große Jeep des Freundes stand vor der Tür.
Einsteigen in den Luxus. Fernseher, Klimaanlage im Auto, bequeme Sitze. So ging es mit dem Auto und der ganzen Familie in Richtung Moshi. Angeschnallt war keiner, die Kinder turnten ein wenig auf den sitzen herum und ich habe mich mit dem Fahrer und seine Frau unterhalten. Dabei ist es dann passiert. Die eingangs erwähnten „Huckel“, hier „Bumps“ genannt, sollen die Geschwindigkeit drosseln, aber was passiert, wenn man zu schnell fährt, habe ich am Sonntag erlebt.
Plötzlich rumste es und der Wagen ging vorne links hoch. Keine Sekunde später standen wir. Das Auto vorne links abgesackt. Aber zum Glück keiner verletzt! Nichts ist passiert. Vorne links war die Achse gebrochen (bei einem Geländewagen mit Allradantrieb und guter Federung) und der Wagen steht mitten auf der Straße irgendwo im Nirgendwo. Mein erster und hoffentlich letzter Unfall in Tansania. Das erstaunliche war nur, dass es in so einem Auto passiert ist und nicht in einem von den ganzen klapprigen Dallas, die hier sonst so herumfahren. Aber es ist nichts passiert, wir sind alle mit dem Schrecken davon gekommen.
Das Auto ist übrigens schon wieder repariert! Ich habe von einem der vielen anhaltenden Helfern einen „Lifti“ nach Moshi bekommen. Und habe es so noch zu einem Abendessen von der Arbeit aus geschafft.
Gegen neun Uhr war dieser schöne und ereignisreiche Tag dann zu Ende.
Den befreundeten Pastor werde ich dann hier in Deutschland wiedersehen, ein sehr schöner Zufall.
Kwa heri

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