Dienstag, 3. Juni 2014

Geistige Behinderung – ein Leben ohne Perspektive?



Als „Building a Caring Community“ 2007 gegründet worden ist, hatte es das Ziel Kindern mit geistigen Beeinträchtigungen zu helfen. Primäres Ziel war es die Lebenssituation der Kinder zu verbessern. Die Kinder bekommen in den Tagesstätten zweimal am Tag etwas zu essen, bekommen ergo- und physiotherapeutische Betreuung, und werden in sogenannten Self-Care-Skills trainiert. Das heißt, sie lernen selbstständig auf die Toilette zu gehen, sich regelmäßig zu waschen, Kleidung zu waschen, Zimmer zu putzen.
Man ist von Haustür zu Haustür gegangen und hat gefragt, ob Familien bekannt sind, die Kinder mit geistigen Beeinträchtigungen haben. Es wurden mehr als 200 Kinder und Jugendliche gefunden, vom Kleinkind bis hin zum 18 jährigen. Da die Anzahl der Kinder die gefördert werden können begrenzt ist, wurde bei ca. 240 Kindern das „Erkunden“ Moshis eingestellt. Das Augenmerk der Arbeit wurde anschließend mehr auf die Qualität der Förderung gelegt und BCC begann neben den Tagesstätten auch ein Programm zur Förderung der Familien und eins zur Gesundheitsvorsorge.
Seit sechs bis sieben Jahren sind die Kinder jetzt in unseren Zentren oder werden anderwärtig gefördert. Aber viele derer, die 2007 noch Kinder waren, sind jetzt Jugendliche und viele der damaligen Jugendlichen sind junge Erwachsene. Und jetzt stellt sich die Frage, was für Möglichkeiten haben die Kinder hier in Tansania? Was passiert, wenn sie eigentlich zu alt für unsere Tagesstätten sind?
Bis jetzt gibt es keine Perspektive, was die jungen Erwachsenen einmal machen könnten. Manche waren über Partnerschulen in einer Ausbildung, haben also etwas gelernt, aber richtig einsetzen können sie das nicht. Unter unseren jungen Erwachsenen gibt es Fachleute für Elektronik, Gärtner, Schreiner. Aber nutzen können sie dieses Wissen nicht. Einen Job finden sie hier in Tansania nicht. Dafür gibt es zu viele junge Arbeitslose. Aber die jungen Erwachsenen einfach wieder nach Hause zu schicken kommt irgendwie auch nicht so richtig in Frage. Erst Ende letzten Jahres hat BCC, nachdem Meghan und ich auf das Problem hingewiesen hatten, sich dem Thema gewidmet.
Was ist also zu tun? Welche Perspektive kann sich diesen jungen Erwachsenen bieten? Gibt es Projekte oder Aufgaben, die die jungen Erwachsenen machen können, ohne dass es viel Geld kostet? Denn Geld ist immer ein Problem.
Das sind die Fragen, die sich momentan alle hier im Büro stellen. Aber das Ideen sammeln war größtenteils die Aufgabe von Meghan und mir. Gelichzeitig mussten wir allen, auch dem amerikanischen Partner, klar machen, wie groß das Problem ist und das es jetzt angegangen werden muss.
Ein erstes Projekt ist jetzt im Test. Papier recyceln und damit aus altem Papier neues machen.
Freitag und Dienstag bin ich zusammen mit Meghan in einer Tagesstätte gewesen und dort haben wir das Ganze einmal ausprobiert.
Vorbereitung: Papiermüll gibt es bei uns im Office mehr als genug. Mal spinnt der Computer/Drucker, mal ist falsch formatiert und so weiter. Der Müll wurde bzw. wird bei mir ein einer meiner drei Schubladen gesammelt. Meghan und ich hatten vier Bilderrahmen bauen lassen, wobei wir eigentlich nur vier Stücke Holz zu einem rechteckigen Rahmen verbunden brauchten, aber am Schluss doch einen lackierten Bilderrahmen in der Hand hielten. Johnson hatte uns zwei Meter feinen Maschendraht besorgt, der in einem ungleichen Kampf mit einer Bastelschere in A4 große Stücke zerlegt wurde. Meine Hand und mein Lieblingspullover, den ich Blöderweise getragen habe, haben zahlreiche kleine Schnitte und Löcher davongetragen.
Am Freitag ging es dann mit den Rahmen, dem Papier und einer Wanne zu der Tagesstätte Rau. Dort sind unsere im Schnitt ältesten Jugendlichen. Der Versuch „Papiermachen“ wurde gestartet.
Aber bevor wir anfangen konnten, mussten alle erst einmal ihre Schulaufgaben beenden! Das gehört dazu. Erst die Arbeit dann das Vergnügen. Dann haben wir uns gemeinsam um die Wanne gesetzt und Papier zerrissen. Keine schöne Aufgabe… Dann haben wir Wasser hinzugegeben und alles schön gemixt. Anschließend haben wir unser erstes Papier geschöpft. Und es hat super geklappt. Bis wir das Papier dann zu trocknen aufhängen wollten und es zerrissen ist. So ging es dann weiter: Papier schöpfen, es versuchen irgendwie vom Großteil des Wassers befreien und es dann zum Trocknen auslegen, aufhängen überlebt das Papier leider nicht.
Irgendwann waren die wenigen Blätter zerrissen und es musste neues Papier zerkleinert werden. Da kam die Kindergärtnerin von nebenan, die interessiert zugesehen hatte, auf die Idee, die Blätter einzuweichen und dann im Wasser zu zerreißen. Das hat das ganze sehr erleichtert und da unsere Jungs das Ganze ganz gut alleine konnten, wurden wir zum gemeinsamen Frühstück mit dem Personal der Tagesstätte gebeten.
Als wir dann zurückkamen, war die Wanne bis zur Kante gefüllt mit einer dicken Masse aus Papier. Viel zu viel, um damit zu Arbeiten. Während die Jungs dann ihren Uji tranken, haben Meghan und ich uns damit beschäftigt, kleine Papierbälle zu formen und dann das Wasser auszudrücken.
Danach ging es den ganzen Vormittag weiter und wir waren alle überrascht, wie gut es geklappt hatte. Das einzige Problem ist noch das Trocknen. Aber ein neues Blatt konnten wir als Beispiel mit ins Büro bringen. Ein alles in allem gelungener Tag, der am folgenden Dienstag wiederholt wurde. Mit gleichem Erfolg und die Jugendlichen haben schon vieles selbstständig machen können.
Gleichzeitig haben Meghan und ich aber auch beobachtet, das manchen diese Arbeit nicht gefällt, bzw. sie zu einfach (!!!) für sie ist.
Momentan sind jetzt viele Überlegungen und Planungen an der Reihe, wie es mit diesem Projekt weitergehen kann. Und ich freue mich sehr, meine eigenen Ideen und Vorstellungen voll einbringen zu können.
Kwa heri

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